Montag, 23. März 2009

Immer noch Antakya

23.3.09
Heute sollte es eigentlich losgehen nach Aleppo. Sind nicht früh, aber auch nicht spät erwacht. Wetter trübe, immer wieder fallen auch ein paar Tropfen. Wir gehen zunächst Brot holen und dann, weil wir schon unterwegs sind, zur Akbank. Hier lassen wir uns den Stand des Kontos nennen, auf das Ali die Miete für die Wohnung in Tarsus, die er von Mine mietet, zahlen sollte. Er hatte damals geholfen, die bis dahin jahrelang säumigen Mieter aus der Wohnung zu komplementieren. Da er sich durch Zuverlässigkeit bewährt hatte, ist er dann unter Treueschwüren in die Wohnung als neuer Mieter gezogen. Der Kontostand heute zeigte leider keinen Bestand. Der gute Ali hatte die Miete nicht bezahlt (seit fast drei Jahren), lebt vielleicht auch nicht mehr in der Wohnung, hat aber auch nie Info gegeben über den Stand der Dinge. Mine war traurig, so wie man halt traurig ist, wenn einen jemand betrügt oder hintergeht. Eine Frage der Ehre - logisch.
Danach haben wir gefrühstückt. Nicky kam dazu mit einer Tüte Orangen und Brot. Hat uns in ihrem wunderbaren Deutsch mit englischem Akzent unterhalten mit ihren unendlichen Geschichten aus Albanien. Heute hat sie von den beißenden und streunenden Hunden erzählt. Sie war übel in den Oberschenkel gebissen worden, hatte an dem Tag nur zwei Steine dabei (sonst wohl mehr), die aber ihr Ziel verfehlten und daher keine abschreckende Wirkung entfalteten, ihren Stock hatte sie an dem Tag vergessen. Als der
Hund zubiss, hat sie sich gleich auf den Bauch geworfen, so wie man ihr das empfohlen hatte, was aber nicht den gewünschten Effekt zeigte. Weil es so weh tat, hat sie sich aufgesetzt und dann haben sich Hund und Mensch, der eine lauernd, der andere erschrocken, angeschaut und es folgte kein weiterer Biss. Unsere verständnisvolle und warmherzige Nicky betonte aber, dass der Hund seinen Grund hatte, zu beißen (eine neue lange Geschichte). Dann hat sie noch erzählt von ihrem Garten, in dem die Erde entweder schlammig, gefroren oder hart und ausgedörrt ist, was zusammen mit ihrer Erschöpfung dazu führt, dass er bisher keinen nennenswerten Ertrag bringt. Albanien muß wirklich ein ganz hartes Pflaster sein, um dort zu leben, aber sie gibt nicht auf. Mine und ich wollen sie vielleicht auf dem Rückweg in ihrem Dorf Korca besuchen. Sie hat versprochen, uns mit dem Auto vom Bus abzuholen u.a. wegen der Hunde. Nicky ist heute dann abgereist mit ihrem Wahnsinnsgepäck. Hatte eine Weste an mit ganz vielen prall gefüllten aufgenähten Taschen, um die Hüfte rechts ein Regencapeknäuel und links eine mittelgroße Hüfttasche für die Dokumente, über die sie aus Gründen der Sicherheit den Bund der Jogginghose hochzog. Zudem ein blauer Trolly-Wagen mit Rollen als würde man kurz auf den Markt gehen, bleischwer. Ein kleiner Rucksack auf dem Rücken, auch ganz voll. Vorher hatte sie schon eine riesige rote Tasche auf dem Rücken zum Busbahnhof geschleppt, die sie dort wieder in Empfang nehmen würde. Mit dem ganzen Gepäck will sie aber unbedingt noch in Thessaloniki bei Lidl einkaufen (Mozarella, andere leckere Käse etc.), was man in Albanien nicht bekommt. Sie freut sich sehr über die Gelegenheit. Von dort muß sie aber noch weitere 6 Stunden mit dem Bus nach Korca fahren, ihrem Dorf. Sie ist wirklich beeindruckend und in allem irgendwie souverän mit den Widrigkeiten des Lebens. Ganz tolle Frau.

Wollten eigentlich heute nach Aleppo. Gestern haben wir nach Lektüre des Führers ein nettes Hotel in der Altstadt von Aleppo rausgesucht. Wir wollten den Beginn im Land für uns angenehm und leicht gestalten, um uns einzustimmen auf die Fremde, denn die Türkei ist noch ein bißchen wie zu Hause für uns. Haben uns dann im Internet ein paar Bilder vom Haus angeschaut, die uns auch gut gefielen. Lasen dann leider eine Beurteilung von Touristen besonders aufmerksam. Fluch des Internets. Eine aufgebrachte Engländerin schimpfte über eine schlimme Nacht wegen der bed bugs (Wanzen!!), die aus der Matratze gekommen waren und sie bissen. Leider war zum Beweis auch noch ein Foto des Bettes mit den Bewohnern dabei, das sich mir unrettbar ins Hirn gebrannt hat und fortan dort seine ganz eigene Dynamik entwickelte. Lästige Fragen schlossen sich an: würde man selber lieber die Nacht auf einem Stuhl sitzend verbringen oder dann doch irgendwann das Bett wählen. Das alles schien unlösbar und es fiel daher aus ganz verschiedenen Gründen leicht, die Abreise heute nochmals zu verschieben, bis auch dieser Eindruck sich wieder abschwächt. Man ist schwach, sehr schwach.

1 Kommentar:

  1. Hallo Ihr Reisenden! Das sind ja wirklich reichhaltige Erlebnisse.
    Was mich aber interessiert: Warum heißt Euer Blog "Nachfahren"? Könntet Ihr die geneigten Leser darüber aufklären?
    Alles Gute noch!!!

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