Dienstag, 26. Mai 2009

19.5.09 Yazd

Wir frühstücken wieder mit den leckeren pickertartigen Pfannkuchen (Vollkornhefeteig mit Sesam, Kümmel, schwarzem Sesam, Safran, Zwiebeln, Pfeffer und Salz) und unterhalten uns ein bißchen mit dem netten englischen Ehepaar, das in Istanbul lebt. Lassen im Hotel eine Taxifahrt für morgen von Yazd nach Garmeh arrangieren.
Gehen zuerst in das “Zurkhaneh” und erfahren die Trainingszeiten am Abend (siehe unten). Sind dann mit dem Taxi rausgefahren zum Ateshkadeh, einem zoroatrischen Feuertempel. Die Zoroastrier verehren ihren Gott Ahura Mazda. Über dem Eingang hängt das geflügelte und gefiederte Symbol mit dem alten Mann, das den Teil der Seele symbolisiert, der nach dem Tod Ahura Mazda erreichen kann. Verehrter Prophet ist Zarathustra oder Zoroaster. Die religiösen Texte der Zoroastrier sind die Gathas, die über Jahrhunderte nur mündlich innerhalb der Priesterschaft überliefert wurden und erst dann niedergeschrieben wurden. Das Feuer in dem von indischen Glaubensbrüdern gespendeten Tempel brennt seit dem Jahr 470 n. Chr. ununterbrochen, man sieht es durch eine Glasscheibe in einem Becken lodern. Es kommen zwei Reisegruppen mit fitten und neugierigen deutschen Rentnern, u.a. Dr. Rumpf Kulturgenußreisen. Man sieht viele schon krumme Finger an betagten Händen, die sich um riesige Fotoapparate legen.
Danach fahren wir mit dem Taxi in den Bagh-e Dolat Abad einen sehr schönen Garten mit Pavillion und hohem Windturm. Liegen im Schatten unter den Bäumen auf den Holzdivanen und trinken Tee. Ein alter Mann fegt und der Staub wirbelt auf uns zu. Ein agiler,a grauhaariger, leicht untersetzter Mann kommt auf uns zu und schlägt uns vor den Platz zu wechseln, um dem Staub zu entgehen. Die unvermeidliche Frage nach unserer Nationalität kommt auf. “Deutsch”. Er ist schlagfertig und fragt als nächstes: “Ihr wohnt nicht zufällig im Hotel Malek-o Tojjar?” “Doch.” “Und wollt morgen nach Garmeh?” “Ja.” “Dann bin ich euer Fahrer.” Wir lachen alle wegen der überraschenden Begegnung und freuen uns über den netten Menschen, mit dem wir morgen unterwegs sein werden. Er ist mit einem italienischen Ehepaar aus Florrenz im Garten und sie stoßen auch zu uns und wir unterhalten uns ausgelassen. Was für ein Zufall.
Gehen dann in einen Obstladen und kaufen eine ganze Wassermelone, die wir vor den Augen des erstaunten Ladenbesitzers ganz aufessen. Fühlen uns gerüstet für die Mittagshitze und halten Taxi an. Fahren raus vor die Stadt zu den zoroastrischen Türmen der Stille. Hier haben die Zoroastrier ihre Toten erst gewaschen, dann auf die Hügel getragen und in die oben offenen Türmen auf Gestellen aufgebahrt, um sie von den Geiern abweiden zu lassen. Sie gingen davon aus, daß die Erde durch Fleisch verunreinigt wird und daher diese Form der Luftbestattung gewählt. Der Ort war früher ganz einsam vor der Stadt, heute reichen die Neubaugebiete schon fast an ihn heran. Der Ort ist immer noch faszinierend und man sieht die nahen Berge in der kargen ungalublich heißen baumlosen Landschaft. Die Bestattungsform wurde zu Zeiten des Schah (aus hygienischen Gründen) verboten. Wenn man den Ort und die Türme in dieser wüstenartigen Landschaft sieht, hat das ganze nichts unästhetisches, nur fremd ist es irgendwie. Wir steigen auf beide Hügel, sind überall allein wegen der Tageszeit und treffen uns dann wieder mit unserem Taxifahrer, dem Mine auf Türkisch irgendwie klar machen konnte, daß er uns nach einer Stunde wieder abholen soll. Er fährt uns wieder in die Stadt und wir gehen ein Sandwich essen und Duq trinken. Gehen dann für eine Pause ins Hotel. Gehen pünktlich um sechs rüber zum Zurkhaneh. Das ist eine sehr alte traditionelle iranische Form des Workouts. Das ganze findet in einem alten Wasserspeicher statt. Die Sportler tragen wunderbar bestickte knielange schwarze oder braune Hosen und einfache T-shirts. Sie stehen im Kreis und ihre Übungen werden geleitet oder begleitet von einem jungen Mann, der auf einer kleinen Empore vor einem Mikro sitzt und begnadet trommelt und singt und ab und zu die Glocke dazu schlägt. Er rezitiert dabei Gedichte von dem berühmten Hafez und Verse wie die Shahnameh (“Königs-Buch”, von Ferdowsi im 10./11. Jhd. verfasstes iranisches Nationalepos). Die benutzen Geräte sind große hölzerne Keulen in allen Größen, eine Art großes Holzschild und ein Gerät aus Metall, das entfernt aussieht wie ein Bogen, an der einen Seite ist eine gebogene Metallstange an der anderen eine Kette, an der große scheppernde Metallplatten aufgehängt sind. Wir heben eine der Keulen an, die die Sportler so elegent über sich schwingen und können sie kaum anheben. Die Übungen sind mal rhythmisch ausgeführte Kraftübungen, mal eher tänzerische und gymnastische Einlagen, mal drehen sich die Mitglieder wie Derwische im Kreis oder sie stehen und murmeln alle gemeinsam etwas. Das ganze liegt irgendwo zwischen Sport, Tanz, Regligion, Theater. Wir sind fasziniert. Gehen danach noch ein bißchen über den Basar und dann zurück ins Hotel, wo wir wieder in unserem schönen Spiegelsaal zu Abend essen (Mine wieder Fisch und ich Aubergine mit Reis, dazu alkoholfreies Bier). Unterhalten uns beim Tee mit einem netten englischen Paar aus Istanbul.

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