Kerman liegt auf fast 2000m Höhe und ist umgeben von noch höheren Bergen bis über 4000m. Hierhin hat der Krieg in Afghanistan viele Flüchtlinge gebracht. Man sieht hier nicht selten bettelnde Frauen in Begleitung ihrer Kinder auf den Straßen, vor Ampeln zwschen den haltenden Autos und auf dem Basar sieht. Wir halten sie für Afghanen oder Pakistaner, wissen es nicht ganz genau. Aus Afghanistan werdn viele Drogen geschmuggelt, es gibt daher viele Abhängige hier und die Afghanen sind nicht so gut gelitten hier. Hier und in der Nachbarprovinz Sistan va Balutchestan leben auch die Minderheit der Balutschen (machen 2% der iranischen Bevölkerung aus). Die Hälfte der Balutschen sind Nomaden. Sie leben im Iran, in Pakistan und Afghanistan, haben ihre eigene Sprache, sind meist Sunniten und u.a. daher nicht so gut angesehen. Sie sehen (auch in ihrer Tracht) aus wie Pakistaner. Kerman liegt nahe der Wüste Lut. Von hier aus sind früher sicher viele Menschen zur Besichtigung der einzigartigen Stadt Bam gestartet, die UNESCO Weltkulturerbe war/ist und die man sehr aufwendig restauriert hatte. Es wurde bekanntermaßen im Rahmen eines verheerenden Erdbebens 2003 weitgehend zerstört. Was für ein Verlust. Ansonsten ist die Umgebung wüstenähnlich, trocken, staubig. Durch Bewässerungsmaßnahmen sieht man kilometerweit angebaute Pistazien. Kein wunder Pistazien mögen es heiß und trocken.
Der Verkehr hier ist auch in Kerman wieder mörderisch. Wir bezweifeln, daß es echte Regeln gibt, an denen man nicht vorbei kommt. Auf den mehrspurigen Straßen gibt es meist keine Fahrstreifen, die Gefährte oszillieren frei aneinander vorbei und umeinander herum, verständigen sich durch Hupen, Ahnen, Beulen und Blickkontakt. Mine hat unseren Vahid gefragt, ob es hier im Iran sowas wie Fahrschulen gibt. Die Antwort lautete wider Erwarten “Ja”. Wir denken, daß sie Grundtugenden lernen wie Schnellsein und Mutigsein. Die Iraner selber machen viele Witze über den Verkehr. Ein gängiger Witz lautet: Ein Mann aus einer anderen Stadt steht an einer befahrenen Straße und versucht, sie zu überqueren. Es ist ihm nicht möglich. Nach Tagen sieht er auf der anderen Seite einen Mann und ruft fragend herüber, wie er geschafft hat, über die Straße zu kommen. Der ruft zurück: “I am born here”.
Wir haben heute gesehen:
Freitagsmosschee aus dem 14. Jahrhundert (Mozaffariden)
dreikuppeliger Grabkomplex Gonbad-e Moshtaqieh (dort beigesetzt ist der Sufimeister Moshtaqieh)
Basar
Tee im Basar im alten Hamam-e Vakil Chaykhaneh
Basarteil: Ganj Ali Khan Square mit Münzmuseum und mit Hamam-e Ebrahim Khan (noch in Betrieb)
Eishaus (nur von außen)
Wunderschöne Nationalbibliothek in alter Textilfabrik
Wieder haben uns heute viele Menschen angesprochen. Manche rufen einem vom Motorrad einfach zu “Welcome to Iran”. Das klingt meist freundlich, aber wir fragen uns manchmal auch, ob man das hier als Bürger beigebracht bekommt, so wahnsinnig nett zu sein und willkommenheißend. Wir denken, daß es wahrscheinlich eher ein eigenes Motiv ist, also irgendwie ehrlich. Wir sind ja sofort als Touristen zu erkennen und werden oftmals mit Interesse in ein einfaches Gespräch verwickelt, das geprägt ist von großer Neugier und Unbefangenheit und der einen tief bewegenden Frage “Was wir vom Iran halten?”, “Wie wir es hier finden?”. Wir haben ja viele positive Eindrücke und geben die an dieser Stelle dann gerne zurück und spüren auf der anderen Seite oft echte Freude und Erleichterung darüber. Die meisten meinen zu wissen, daß man von ihnen schlecht denkt im Ausland und sie wollen irgendwie rehabilitiert werden als gebildete und kulturell reiche Nation, was sie ja sind. Manche sind hungrig nach Kontakten, laden einen zu sich nach Hause ein, geben einem die Handynummer und man müßte sicher keine Scheu haben, das anzunehmen, wenn man sich auf einen mühsamen Dialog mit auf beiden Seiten gebrochenem Englisch einlassen will. Wir saßen nach dem Besuch der beeindruckenden Bibliothek von Kerman im Park und sahen -wie so oft- eine paar junge Männer, die ein paar Worte zusammensuchen im Kreise ihrer Freunde und dann nimmt einer seinen Mut zusammen und kommen zu uns und fragt etwas. Mit der Antwort (meist auf die Frage: “Where do you come from?”) gehen sie zurück und schmieden den nächsten Satz. Das ist ganz rührend. Manche junge Leute sind auch schwer vollgesogen mit dem, was sie an Gedanken und Grundsätzen immer gehört haben. So erklärte uns eine junge, sicher sehr intelligente Frau (sie will Professorin werden für Literatur), daß die Frauen sich hier verhüllen wollen und sie dadurch gegenüber den Männern freier werden und das es nicht gut ist, seine Schönheiten der Öffentlichkeit zu zeigen. Man meint dann fast, sie nicht zu unbedacht (und nicht auf die Schnelle) stören zu wollen, in dem, was ihnen hilft ihr Weltbild zu stabilisieren, aber manches ist schon befremdlich. Natürlich hören wir jetzt vor den Wahlen auch viele offene und kritische Stimmen zur Regierung. Die alte Erkenntnis trifft zu: ohne Akzeptanz und gegenseitige Wertschätzung keine Verständigung, keine Versöhnung, kein echte Zusammenkunft. Die Menschen hier sind hungrig nach Aufwertung. Wir jedenfalls werden äußerst respektvoll behandelt und geben unsere Freude darüber uns hier so selbstverständlich und ungehindert bewegen zu können gerne zurück. Es gibt eben immer mehrere Wahrheiten. Die echt brennenden Fragen über drakonische Strafen im Lande, persönliche Unfreiheit, Sittenwächter sind mit Unbekannten hier sowieso nicht verhandelbar.
Dienstag, 26. Mai 2009
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