Sonntag, 31. Mai 2009

29.5.09 Shiraz

“How do you like Shiraz?” hat der Taxifahrer in seinem uralten Paykan gefragt und Shiraz “the Persian Paris” genannt.

Unter großen Mühen gucken wir heute an:
Die Burg Arg-e Karim Khan mit Fotoausstellung alter Fotos aus Shiraz,
die wundervolle Moschee Masjed-e Vakil,
die alte theologische Fakultät Madraseh-Ye Khan mit schönem Eingangsportal,
Gescheitert sind wir an der Suche nach dem Teehaus Seray-e Mehr

Mine behauptet, ihr Nacken sei seit Tagen nicht mehr trocken geworden unter diesem Kopftuch, weder Tag noch Nacht. Ketzerische Gedanken kommen auf, die wir an dieser Stelle verraten: Sollen wir statt nach Jerevan direkt nach Zypern fliegen und uns dort an den Strand legen und in von Wein beschatteten Lauben sitzen und abends gegrillten Fisch essen? Die Hitze setzt uns zu, Mine noch mehr als mir und untergräbt unsere Lust auf noch mehr alte Gräber und Moscheen und Paläste. Wir müssen uns nach der gestrigen Busfahrt und einem ersten schweißtreiben Besichtigungsversuch von Shiraz (ab 11 Uhr!!) mit unseren schwächsten Gedanken auseinandersetzten,
Uns nervt, daß wir immer Gast sind, daß wir mit schlechten Stadtplänen in der Hitze durch Städte streifen, von denen andere behaupten, sie seien wunderschön und wir unsere ganze Mühe aufwenden müssen, um dieses Gefühl auch in uns heraufzubeschwören (Motto: bloß nicht die auserkorenen Wichtigkeiten verpassen).
Uns nervt, so viel Mühe auf Alltäglichkeiten verwenden zu müssen, wie das Finden eines kühlen Ortes und einer Tasse Tee.
Uns nerven die vermummten schwarzen umherhuschenden Menschen, die bei dieser Hitze in schwarzem Mantel oder Chador, langer Hose und geschlossenen Schuhen und Kopftuch herumlaufen müssen.
Uns nerven die, die uns zuraunen wie schwer es in diesem Land ist und wir können uns mit ihnen nur so mühevoll unterhalten und verstehen daher so vieles nicht.
Uns nervt es, als Tourist eine Ware zu sein, eine Kuh zum Melken.
Uns nervt, sich jede Information besorgen und erkämpfen zu müssen, immer auf der Hut sein zu müssen, achtsam, freundlich, aufmerksam und vorausschauend, damit wir unsere Ziele erreichen.
Uns nerven die Gegensätze in diesem Land, diese Fülle alter Schönheiten, diese reife Ästhetik in Proportion, Farbe, Form, Vielseitigkeit und Detailverliebtheit und diese nüchtere Gegenwart, die sich selber mit Mühe und nur mit Macht aufrecht erhält, ohne etwas Vergleichbares zu schaffen in ihrer Zeit.
Reisen ist ein flüchtiges Geschäft, oft wenig nachhaltig, die vielen Bilder vermischen sich in unserem Kopf, ziehen durch unsere Träume und verwirren sich, es ist eine Flut, ein Zuviel, manchmal auch ein Wahloses. Bleiben statt Umherziehen muß bald wieder kommen und Nachhaltigkeit. Deshalb bemühen wir uns vielleicht so um den Blog, damit sich unsere Gedanken und Erinnerungen ein bißchen setzten und einen kleinen Bodensatz bilden.

Nach einer Pause im Hotel gehen wir ein Sandwich mit Falaffel essen und fahren dann zum Grab von Hafez, dem perischen Nationalhelden und Dichter, der auch Goethe inspirierte. Wie die Menschen ihn verehren ist erstaunlich, sie pilgern geradezu zu seiner Grabstätte, die in einer schönen Gartenanlage liegt. Sie berühren das Grab, murmeln dabei Worte, knien nieder als wollten sie sagen “wir haben den gleichen Weg”. Manche lesen in seinen Gedichten oder lassen sich über die Zukunft sagen, indem sie am Ort des Grabes aus seinen Werken eine Seite zufällig aufschlagen und den Finger auf einen seiner Verse legen (letzteres nennt man “fale Hafez”), machen unzählige Fotos von sich und dem Grab. Es kommen Jung und Alt, Frauen und Männer, konservativ Wirkende und modern Wirkende. Die ganze Zeit läuft melancholische Gazel-Musik von Sharjarian. Viele sitzen und hören zu und gehen in der Atmosphäre des Ortes auf. Shiraz soll die Stadt der Blumen und der Nachtigallen (“Shahr-e gol o bolbol”) sein. Viele Blumen haben wir heute schon auf den Kacheln gesehen. Nach dem Besuch an Hafez Grab haben wir auch echte Blumen gesehen. Wir warten jetzt noch auf die Nachtigallen.

1 Kommentar:

  1. Hallo Ihr Lieben, ich habe mir gerade bei Google Earth angeschaut, wo Ihr seid - Gute Güte, ist das weit weg! Die Fotos, die man dort sehen kann, sind sehr schön.
    Gute Reise und alles Gute!

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