Wir fahren von Ağrı mit dem Bus bis Horasan, nehmen dann einen Dolmus bis Sarıkamış. Die Fahrt zeigt eine wunderbare abwechslungsreiche Landschaft.
Wir sehen: Schnee auf den Bergen. Mehrere Pferdefuhrwerke, die versuchen eınen Fluß zu durchfahren, die Pferde mühen sich bis zum Bauch im Wasser. Ein anderer Fluß ist so angeschwollen, daß er von der roten Erde, durch die er fließt, unglaublich viel mitreißt, er selber ist schon ganz rot und sieht aus wie fließende feuchte Erde, reißt die Böschungen mit, Dorfbewohner versammeln sich an einer kleinen Brücke, überlegen vielleicht, ob sie dem Wasser standhalten wird.
Auf dem Weg zweimal Militärkontrolle. Ein Soldat sammelt die Pässe der Mitreisenden ein, will nur meinen und Mines nicht haben. Im Bus lernen wir einen jungen Lehrer kennen. Seine erste Pflichtstelle war in Sarıkamış und er fährt zu der Abschlußfeier der Schüler, die er die ersten vier Jahre unterrichtet hat. Er erzählt, er habe geweint als er die Stelle antrat und als er sie nach vier Jahren wieder verließ. Ersteres konnten wir bald verstehen, letzteres mal sehen.
Mıne zu Sarıkamış beım ersten Gang durch dıe Strassen: “Mein Gott, es gibt so viele Lieder aus/über dieser Region.” und dann “Wer singt denn hier?” Eine berechtigte Frage, wenn man das Auge schweifen läßt.
Alles ist grün oder grau, der Baumbestand uralt. Die Region wurde dreimal von den Russen besetzt und 1914 nach großen Kämpfen den Russen das letzte Mal durch die Türken abgetrotzt. Man fragt sich, was sie hier unbedingt wollten. Der russische Charme ist mancherorts geblieben, man sieht ihn manchen Straßen und Häusern an.
Als wir kommen hat es gerade gehagelt, überall liegen noch die dicken Körner und machen keine Anstalten zu schmelzen. Große Teile der Umgebung sind umzäuntes Armeegelände, was neben dem Matsch auf den Straßen das Spazierengehen behindert. Der erste Gang in der Dämmerung nach dem Abendbrot: Kopfsteinpflaster auf den Straßen, an den Häusern viel rostiges Wellblech und Improvisiertes, aus den Schornsteinen dichter Qualm (was sie wohl verbrennen? Müll?!), alles wirkt in der Hauptsache grau, dazwischen ein paar farbige Neubauten (Haus des roten Halbmondes, Krankenhaus etc.) und halb verfallene Häuser aus schwärzlichem Stein. Die Straßen stellt man sich so auch in Bulgarien oder Rumänien oder halt Rußland vor. Die Wäsche hier auf den Leinen scheint nie ganz trocken zu werden, riesige Pfützen, durch die die Kinder mit dem Fahrrad fahren. In den Silberpappeln sitzen auffallend viele Krähen, hocken in Gruppen, ihr Krächzen klingt fast wie das Quaken der Frösche. In geringer Entfernung dichte Kiefernwälder. Die Läden sind klein und dunkel und verkaufen wenig (Zigaretten, Kekse, Getränke, Kaugummi, Taschentücher), Repertoir wie ein Kiosk nur ohne Zeitungen und Zeitschriften.
Mines Kommentar zu unserer Ankunft in Sarıkamış: “Das wir aber auch immer erstmal in einer Bruchbude landen.” Wir sınd untergekommen ım Haus der Lehrenden, dem Ögretmen evi, was eine vergleichsweise gute Unterkunft ist (Empfehlung des Lehrers im Bus). Wır fragen nach dem ersten irritierenden Erkundungsgang, ob es denn organisierte Touren in dıe Umgebung gibt, was nicht der Fall ist, jeder darf wandern wie er will (dıe Türken laufen nicht so gerne, ım Wald erst recht nicht)...
Sonntag, 14. Juni 2009
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