Sonntag, 21. Juni 2009

20.6.09 Solhan

Schön, mal wieder in einem Privathaushalt zu erwachen. Nihal ist eine ganz Liebe und läßt uns alle Freiheiten. Trinken alle im Bett Kaffee und erzählen und frühstücken dann gemütlich. Nihal wird viel gefragt über die Schule und das Schulsystem hier im Osten, die Kurden, ihre Heirat und Familie. Ihr zukünftiger Mann Emin ist auch Lehrer und Kurde. Er wurde in den Westen der Türkei nach Canakkale versetzt. In dem Teil der Türkei wohnen viele Türken aus Bulgarien und Jugoslawien, die viel nationalistischer als die normalen Türken sind. Sie wollten Emin, weil er Kurde ist, keine Wohnung vermieten. Ist das nicht peinlich? Mine hat dazu erzählt, daß in ihrem Dorf seit Generationen Musiker für die Hochzeiten im Dorf spielen, die Zigeuner sind. Im Sommer, wenn alle (aus dem Ausland) wieder im Dorf sind, finden täglich mehrere Hochzeiten statt. Dauernd brauchte man diese Truppe, die Zurna (eine Art Oboe) und Davul (Trommel) spielen, daß allen das Blut kocht.. Die Truppe aus Vater und Sohn (später auch Enkel) wohnten in Mersin und beschlossen irgendwann, daß es für sie nicht lohnt, immer zwischen Mersin und dem Dorf zu pendeln. Sie wollten ins Dorf ziehen (das ist mehr als 10 Jahre her). Damals wollte man sie nicht im Dorf und man gab ihnnen nur eine Wohnmöglichkeit am Dorfeingang. So ist das eben. Peinlich.
Natürlich hat Nihal auch Internet und wir hören Musik und gucken in unsere Mails und bringen den Blog mal wieder weiter. Endlich kann man auch mal in Ruhe im Internet über den Iran lesen und sich informieren. Die ganze Entwicklung macht uns große Sorgen und unsere Zeit dort ist noch so nahe und wir fühlen mit und fragen uns, was der ein oder andere macht, den wir kennengelernt haben. Es ist unglaublich, was alles passiert ist in der kurzen Zeit seit unserer Ausreise. Man spürte den Druck vieler Menschen, ihre Hoffnung auf weniger Reglementierung und einen freieren Alltag, auch ihre Sehnsucht nach mehr Achtung für den Iran in der Weltgemeinschaft.
Machen gegen nachmittag einen Spaziergang in den Ort, trinken Kaffee in dem schönen Garten des Ögretmenevi (dem Haus der Lehrenden, das es in jedem Ort gibt). Kaufen danach ein und kochen Kisir mit viel Knoblauch und dazu Kohl. Es ist köstlich. Ich esse das total gern, habe es mir auch gewünscht. Wurschteln danach weiter rum mit Musik und Plaudern und Internet, das alles eingebettet in Teetrinken. Ein schöner Tag.

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