Donnerstag, 6. August 2009
26.7.09 Darboğaz
Wir haben gerade die Nudeln aufgesetzt. Dazu soll es geben: das zarte Grün der Zuckerrüben angedünstet in Zwiebeln und dazu Jogurt-Knoblauch-Sauce. Da ruft der Hoca, daß eine Frau im Dorf verstorben ist. Ungeachtet der Nudeln geht Mines Mutter sofort los zu dem Haus mit dem Trauerfall, um Beileid zu bekunden und zu beten. Normalerweise liegen hier zwischen Tod und Begräbnis nur 3-4 Stunden. Die Angehörigen verabschieden sich und ein grüner Wagon wird vor das Haus der Verstorbenen gebracht. In ihm wird der Leichnam gewaschen, mit Rosenwasser und Amber (und bestimmt einem Spritzer heiligen Wassers aus Mekka). Die Frauen, die das machen und auch diejenigen, die das Grab ausheben, bekommen etwas Geld von den Hinterbliebenen, sind aber keine Profis, sondern einfach Leute aus dem Dorf. Die Leiche wird in Tuch eingewickelt und dann wird der Sarg von den Männern des Dorfes zum Friedhof getragen, sie lösen sich ab, tragen den Sarg auf den Schultern. Bei der Beisetzung selber sind nur Männer auf dem Friedhof, keine Frauen. Die kommen meist am nächsten Tag erst zum Friedhof. Wenn der Tote ein schlechter Mensch war, kann es sein, daß die Erde ihn nicht nehmen will. Der Boden zittert dann und Erde wird wieder aus dem ausgehobenen Grab herausgeworfen. Mines Mutter erzählt, ein Verstorbener hätte dreimal beerdigt werden müssen, jedesmal tiefer, weil die Erde ihn dreimal wieder hergegeben hat, morgens lag er stets wieder neben dem Grab. Der Hoca muß manchmal lange beten, damit die Erde den Toten nimmt. Es kann passieren, daß der Hoca auch mal wegläuft, weil er Angst bekommt vor der noch spürbaren Bosheit des Toten. Gestern haben wir die alte Tante besucht, die wir immer besuchen. Mines Mutter erzählt, ihr Sohn sei früh verstorben an einem Herzinfarkt. Innerhalb weniger Stunden wurde auch er begraben, wie das üblich ist. Seiner Frau ist er in den Nächten darauf immer wieder im Traum erschienen, immer hat er sie gebeten, ihn doch zu befreien aus der Enge des Grabes. Sie ist gleich wegen des Traumes zum Hoca gegangen, aber der wollte den Toten nicht wieder ausgraben lassen. Als man es nach drei Tagen doch tat, hatte er sich im Gesicht und am Körper blutig gekratzt. Er war also wohl nicht tot begraben worden. Gruselig. Mines Mutter berichtet, daß eine Frau, die im Dorf kurze Hosen und ärmellose Tops getragen hatte, nach ihrem Tod von der Erde nicht genommen wurde. Man sah, daß ihre Gliedmaßen verbrannt waren, da wo sie sich nicht bedeckt hatte und sie kam natürlich in die Hölle. All das interessiert mich brennend, halt das, woran die Menschen so glauben und woran ihre innere Ordnung sich ausrichtet. Leider reißt Mine der Geduldfsfaden und sie verweigert weitere Übersetzungen für mich, fürchtet weitere Enthüllungen dieser Färbung und die Vertiefungen ihrer Mutter ins Religiöse.
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