Dienstag, 7. Juli 2009

1.7.09 Malatya

Beginnen den Tag mit einem Besuch im Museum. Hier sind Funde von Grabungen vor dem Staudammbau bei Malatya und aus Arslantepe zu sehen. Das Museum ist sicher eines der besten, die wir in der Türkei gesehen haben. Danach gehen wir Kaffetrinken. Sitzen im Schatten unter den Bäumen. Ein Mann kommt auf uns zu, will uns Socken verkaufen. Sie sind sehr günstig, nur 1,5 NTL (=70 Cent). Wir wollen keine Socken. Der Mann kämpft weiter um seine potenziellen Abnehmer. Für uns ist das ganze eher lustig, für ihn gar nicht: “Nun kauft doch wenigstens eine Socke, ist doch nicht teuer, nehmt doch mit, ich muß doch auch ein bißchen Geld nach Hause bringen, es gibt doch keine Arbeit.” Zwischen unseren Kaffetassen liegen etliche Exemplare. Wir geben ihm das Geld, wollen aber keine Socke dafür haben, wegen des Gepäcks. Wir kriegen viele Gebete dafür, “allah lazi olsun”, Gott soll mit uns zufrieden sein.
Wir laufen durch das 35°C warme schöne Malatya, vorbei an vielen modernen Cafes und Läden zur Haltestelle für die Minibusse nach Yesilyurt und Gündüzbey, zwei kleinen Orten außerhalb der Stadt im Grünen. Dort laufen wir ein bißchen an den schönen alten Häusern und Häuserzeilen entlang. In Gündüzbey setzen wir uns an den Dorfplatz. Hier stehen viele Bänke im Schatten unter großen Platanen, entlang eines kleinen Kanals und nahe einem plätschernden Brunnen. Aus einer Wasserstelle trinken wir ganz kaltes Wasser aus den Bergen und begießen die Füße. Es ist ein wunderschöner Ort und wir breiten uns mehr und mehr aus, holen Kirschen und essen sie, trinken Tee und Kaffee, blättern in der türkischen Newsweek und erholen uns von der Hitze. Rentner lesen Zeitung, junge Leute unterhalten sich, Familien essen Kirschen, die aus dieser Region berühmt sind in der Türkei. Bummeln dann durch das Dorf mit den schönen alten Häusern, finden am Dorfende einen Hohlweg, der zwischen die Gärten führt. Das üppige Grün rechts und links des Weges wird durch einen Zaun aus eng nebeneinander in den Boden gesteckten Zweigen und Stöcken, zum Teil durch quer verlaufendes Flechtwerk verbunden, zurückgehalten. Dieser Zaun aus Zweigen ist fast mannshoch. Auf dem Boden liegen viele viele Maulbeeren, zum Teil trocken, zum Teil noch frisch auf fest getretener Erde. Über die Zäune rankt das Grün der Gärten, trifft sich über einem zu einem grünen Dach. Durch das Blattwerk fällt das Sonnenlicht und wirft bunte Schatten auf alles. Durch diesen Tunnel gehen wir so weit es geht. Sie sind wunderschön diese alten Dorfwege. Zwei Jungen rufen uns schon bevor wir ganz eintauchen in den Weg hinterher, daß es da nicht weitergeht. Als wir am Ende des Weges umkehren beobachtet uns aus einiger Entfernung eine junge Frau zusammen mit den zwei Jungs. Wir gehen auf sie zu und sprechen ein paar Worte, um ihre scheinbare Skepsis zu zerstreuen. Als wir beim Zurückgehen an ihr Haus kommen, läd sie uns ein, hereinzukommen. Das ist so erstaunlich, daß die Kinder ohne Scheu und mit großer Selbstverständlichkeit Fremde mit nach Hause bringen können. Sie entscheiden das und immer sind wir selbstverständlich eingelassen worden, ohne daß die Kinder sich erklären mußten oder einen ermahnenden Blick geerntet haben von den Erwachsenen. Das war immer völlig in Ordnung, jemanden nach Hause zu bringen. In dem schattigen Innenhof, der mit Wein überrankt ist, steht auch das Bett der kranken Oma. Sie sitzt mit einer Trachealkanüle auf dem ganz ordentlichen Bett, von Kissen gestützt. Neben sich ein Inhaliergerät und Taschentücher. Sie sieht wirklich krank aus. Auch sie ist überhaupt kein Hindernis, uns zu empfangen. Wir kommen an den Tisch und gleich wird Tee heiß gemacht und Kirschen und Aprikosen und Pflaumen gewaschen, dann frisches Brot und leckerer Käse (speziell aus der Region) geholt und dann noch Tomaten und Gurken und extra kaltes Wasser. Da ist die Tochter und die Schwiegertochter des Hauses und der Opa und die Oma und ein Enkel und zwei Enkelinnen. Immer wieder fällt einem etwas ein, was uns schmecken könnte und er rennt los. Nachdem wir uns eine Weile unterhalten haben über die alten Häuser im Ort, die Gärten, das Dorf, die Pläne der Enkelkinder und die Krankheit der Oma machen wir Fotos mit der ganzen Familie, zuletzt alle am und auf dem Bett der Oma und dann nur Oma und Opa. Das freut alle und auch die Oma lächelt beim Betrachten der Bilder. Dann kriegen wir noch den Garten gezeigt und Sauerkirschen werden gepflückt für uns und Minze und wir sollen wiederkommen und mit dem Austauschen vieler Wünsche und Hinterherwinken gehen wir satt und glücklich und bewegt von so viel Liebenswürdigkeit und Nähe. Wenige Häuser weiter wird der verstobene Opa betrauert und wir sollen unbedingt Tee trinken und Essen. So könnte es immer weiter gehen.
Fahren zurück nach Malatya und gehen essen, Frauen haben einen Imbiß mit Hausmannskost und es schmeckt köstlich. Wir ziehen Geld, telefonieren mit dem Bahnhof wegen morgen und gehen müde heim.

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