Dienstag, 7. Juli 2009
25.6.09 Divriği
Wir holen morgens voller Freude und Erwartung unser Auto ab. Alles ist recht problemlos. Wir bergen mit unserem silbernen Hyundai Accent (70 NTL = knapp 35 Euro pro Tag) erstmal unser Gepäck aus dem Hotel, fahren dann Tanken (Schluck). Schmeißen CD ein, machen Klimaanlage an und los geht es. Fahren durch die Berge nach Keban. Kaufen dort alles ein zum Picknick. Von Keban aus geht es am Staudamm vorbei auf einer Schotterstraße runter zum Euphrat, einem breiten kräftigen Strom mit blaugrünem klaren Wasser. Wir fahren über eine Brücke und halten zum Betrachten an einem Forellenrestaurant. Wir nehmen die Einladung an und essen im Garten mit Blick auf den Fluß gegrillte Forelle mit Salat. Wunderbar. Bester Laune geht es mit Blick auf den Stausee weiter. Fahren immer mal von der Straße in Feldwege und genießen es ungemein, überall hinzukommen zum Gucken und überall halten zu können zum Fotografieren. Der See liegt inmitten einer Hügellandschaft, eingebettet in Felder und Wiesen. Sehr schön. Wir fahren weiter Richtung Arapgir. Hinter dem Ort wird es immer bergiger. Wir Rasten nach längerer Fahrt nochmals in dem Dorf Gignir. Wir sehen am Hang ein kleines Teehaus, ein paar Tische und Stühle draußen vor einem Haus. Wir halten und finden eine Mischung aus Teehaus und Laden und Dorftreffpunkt. Wir orientieren uns kurz und machen uns bekannt. Tee ist noch nicht fertig, wir sollen doch so lange ihr schönes Dorf angucken. Die Kinder können uns führen. Das tun sie gerne und bringen uns zu einem kleinen Dorfplatz, an dem eine Quelle aus dem Fels entspringt unter uralten Bäumen. Der Platz ist wunderschön, das Wasser klar und kalt. Wir gehen zurück in einem Bogen um das Dorf, auf einem alten Dorfweg., auf der einen Seite kleine, dicht an dicht stehende Häuser, auf der anderen Wiesen und Gärten. Ein Mann kommt uns mit einer Leiter unter dem Arm entgegen, will in seinen Garten. Auf unserer Höhe stellt er sie ab und will ein bißchen mit den Fremden erzählen. Er läd uns ein, bei ihm und seiner Frau zu bleiben, ihr schönes Dorf zu genießen und morgen erst weiterzufahren. Wir sollen schon mal vorgehen zu seiner Frau, er muß kurz in den Garten und kommt dann nach. Der Junge bringt uns zu der Frau, wir sagen “Guten Tag” und werden herzlich empfangen. Ja, wir sollen doch Tee im Garten trinken mit ihnen und bleiben. Wir gehen aber doch weiter, obwohl der Gedanke verlockend ist. Die Kinder wollen fotografiert werden vor ihrem Dorf. Das machen wir. Wieder im Teehaus am Ortseingang trinken wir Tee und essen Kekse, plaudern ein bißchen. Die Männer spielen Karten, ein paar Kinder lungern rum und ein paar Jugendliche kommen vom Angeln und Baden im Fluß und wollen was trinken im Haus. Wir wollen weiter. Wie weit noch nach Divrigi? Anderthalb Stunden. Kein Problem. Wir fahren und fahren und fahren, bergauf und bergab, auf einsamen Straßen, entlang tausender Schlaglöcher. Irgendwann winden wir uns hoch auf die Saricicek Yalyasi, eine hoch gelegene Alm mit Blick auf die Munzur Daglari. Wahnsinnig schöne Landschaft im Abendlicht. Wir schauckeln den holprigen Weg entlang als wir plötzlich mehrere Zelte sehen. Wir denken an Nomaden und werden neugierig. Man sieht Gehege für die Tiere, umherlaufende Hühner und Kinder, Zelte zum Leben. Vor einem Zelt sitzen drei Frauen verschiedenen Alters auf der Erde, sehen bunt aus, schälen Kartoffeln. Wir fahren langsam vorbei und drehen die Hälse nach ihnen um, beugen die Köpfe ünter den Holm der Tür, um sie am Hang zu sehen. Sie winken uns zu kommen und wir winken zurück, parken das Auto und gehen zu ihnen. Die Frau aus dem Nachbarzelt kommt gleich dazu und bringt uns Ayran von den eigenen Tieren. Es stellt sich heraus, die Leute sind keine Nomaden, aber aus einem Dorf aus Malatya. Sie sind hier heraufgekommen wie jedes Jahr, um mit ihren Tieren hier, wo es Futter gibt, zu leben - viele Wochen mit Kind und Oma und Ziegen und Schafen. Sie zeigen uns den Käse, den sie machen und ihre Zelte. Die Hühner sind überall, gerne hocken sie auf den Verspannungen der Zelte und träumen vor sich hin, in der Sonne trocknen die Töpfe. Die Menschen haben unglaublich weiße Zähne. Wir fragen, wie sie das machen. Wissen sie auch nicht. Aus irgendeinem Grund herrscht ausgelassene Sympathie, Wangen werden getätschelt, Hände gehalten, Augen zum Lachen gebracht auf allen Seiten. Für die kurze Zeit freudiges Beieinandersitzen hier oben mit dieser gigantischen Aussicht. Wir sollen bleiben und morgen weiter fahren. Eigentlich gerne. Wir fahren aber besser doch weiter. Wie weit noch bis Divrigi? Eine Stunde. Oh, doch noch. Wir verabschieden uns warm und herzlich, werden noch ans Auto gebracht. Leider, leider vergessen wir, den Menschen unsere (noch nicht angeschnittene, große) Melone zu schenken. Das wäre hier oben eine schöne Abwechslung für alle gewesen. Schade. Wir fahren durch eine berauschende Landschaft, endlose Berge, kaum eine Menschenseele. Irgendwann stellen wir fest, daß sich der Rausch doch sehr, sehr zieht, keine Divrigi in Sicht, wir schaukeln und holpern in Schneckentempo die Pisten entlang, selbst auch schon müde und staubig und matt vom Abbremsen vor den Widrigkeiten des Weges und dem Beschleunigen in dem Versuch doch noch vorwärts zu kommen. Es endet nicht. Langsam kommt die Dämmerung, was die Sache nicht bessert. Wie viel Hügel noch? Man könnte den Accent doch vielleicht etwas herzhafter über die Unebenheiten jagen. Doch nicht gemacht. Völlig ermattet erreichen wir nach Stunden Divrigi und fragen uns durch nach einem Hotel (unser Führer erwähnt die Gegend nicht). Wir landen im Tasbasi Hotel der Stadt (Belediye Hotel). Vor dem Hotel will uns ein hochgewachsener sportlicher Mann beim Ausladen helfen. Nicht nötig und bitte nicht ansprechen. Tut er doch. Verwickelt Mine in ein erstes Gespräch nach dem woher und wohin und bietet wieder seine Hilfe an. Er ist uns ein bißchen forsch und für unsere Müdigkeit ein wenig zu munter. Und Tschüss. Wir gehen ohne ihn auf die Terrasse des Hotels und essen das Mitgebrachte. Todmüde zu Bett. Mine wieder mückenaktiv.
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