Donnerstag, 16. April 2009

11.4.09 Kloster Mar Musa

Wir geben unsere Donation bei den Schwestern im Kloster ab. Frühstück läßt sich nicht organisieren bei den Nonnen. Wir gehen wieder in das kleine Restaurant und bestellen Brot und Omlett und Jogurt und Tee. Packen danach den Rucksack und stellen uns wartend auf den Parkplatz. Es ist viel los am Kloster, viele Busse und Menschen kommen und gehen. Aus
einer nahegelegenen Bäckerei werden lange Bretter mit Bergen von dampfendem Fladenbroten geschleppt, die auf einem Gestell abkühlen und dann verpackt werde. Mine holt uns einen Fladen. Der Bäcker will kein Geld. Ein Fladen allein hat keinen Preis, die Leute holen ganze Stapel in der Regel. Wie verabredet kommt der Fahrer, den wir uns organisiert haben, gegen 11 Uhr und fährt uns wie verabredet zum Dair Mar Musa. Die Landschaft ist zum Teil sehr schön hügelig, wir sehen im Westen noch Schneereste in den Bergen, die wahrscheinlich schon in den Libanon gehören. Er setzt uns am Dair Mar Musa El Habashi nach ca. 40km Fahrt ab. Wir sehen das entlegene Kloster, das sich an die Felswand schmiegt, vom Parkplatz aus in einiger Höhe vor uns liegen, hoch führt ein schmaler Weg mit sehr vielen Stufen. Wir haben viel Gepäck, wie immer, zudem fast 3 Liter Wasser, weil wir nicht wissen, wie die Trinkwasserversorgung dort ist. Das Kloster liegt ganz entlegen, öffentliche Transportmittel fahren nicht hierhin und die nächste Ortschaft ist 14km entfernt. Wir schlucken ein bißchen machen uns dann aber daran, unser Gepäck hochzuschleppen. Sehr mühsam, aber es gelingt. Oben angekommen am alten Kloster steht man vor einer hohen Mauer, die den Komplex umschließt. Der Eingang ist winzig, geht mir nicht mal bis in Brusthöhe, es gibt auch keine Fenster, nur kleine Spalten in derhohen Wand. Jemand hilft uns die Rucksäcke durch die kleine Tür und den dahinter liegenden engen Gang zu hieven. Wir kommen auf einen beschatteten Platz mit vielen Menschen aller Altersgruppen und werden freundlich aufgenommen. Hier ist jeder willkommen, keiner wird abgewiesen, Gastfreundschaft wird als “sacred activity” verstanden. Keiner wird nach seiner Gesinnung, seinem Glauben, dem Grund seines Kommens oder dem, was er mitbringt gefragt. Es ist ein Ort der Begegnung, des interkulturellen und interreligiösen (islamisch-christlichen) Austausches. Das Kloster ist syrisch-katholisch in seinen Wurzeln, letztlich aber ökümenisch im Grundverständnis. Um das christlich-islamische Miteinander zu stärken, wurde auch arabisch als die Alltagssprache und die Sprache der religiös-liturgischen Aktivitäten gewählt. Die Seele von allem scheint der italienische Pater Paolo zu sein. Eine französische Nonne fragt, ob wir über Nacht bleiben wollen und kündigt dann an, uns gleich ein Zimmer zu zeigen, wir sollten erstmal Tee trinken. Der Ausblick ist grandios in eine weite Ebene mit Hügeln weit hinten am Horizont und wenigen Häusern in großer Entfernung. Wir trinken Tee und schauen eingenommen dem Treiben der Menschen zu, drehen der schönen Landschaft lange den Rücken zu. Das Kommen und Gehen der Menschen unterhält uns wunderbar, es ist alles recht bunt gemischt aus Syrern, Franzosen, Italienern, wenigen Deutschen und einzelnen Menschen aus anderen Nationen (Japan, Dänemark, Holland, Armenien). Sehr viele junge Menschen, die hier erzählen und Tee trinken und auch rumalbern, die Sonne genießen. Die französische Nonne führt uns dann über eine schmale Brücke, die über die Schlucht führt, rüber zu einem neueren Klosterteil, wieder ordentlich bergauf. Das Zimmer ist einfach und nett, hell, Holzdecke mit dicken Balken, dicke Bruchsteinmauern auf einer Seite des Raumes mit kleinen schartenartigen Fenstern und einer großen Wandische zur Raumdekoration. Zur Ebene hin lassen zwei größere Fenster den Ausblick zu. In den Fensternischen könnte man sitzen. Ein paar Matratzen und Wolldecken liegen am Boden. Bettwäsche bekommen wir gestellt. In der Mitte des Raumes steht einer der landesüblichen Öfen, die mit Diesel, der tropfenweise in eine Brennkammer fällt, betrieben wird. Es riecht immer ein bißchen nach Tankstelle aber dafür ist nicht überall Asche. Schon bald kommt das Mittagessen auf dem großen Klosterhof. Gemeinschaft vertieft sich ja immer mit dem gemeinsamen Essen. Alle stehen in einer langen Reihe, viele freiwillige Helfer packen mit an. Überhaupt lebt alles von der Mithilfe der Gäste, zu der jeder aufgerufen ist, ohne ermahnt zu werden. Es gibt eine Mischung aus Bulgur und Linsen mit Salat und einer Jogurt-Gurkensäuce. Sehr lecker,
danach eine Orange und wieder Tee. Wir gucken die alte Kirche, den Stolz des Klosters an, die wunderschöne alte Fresken aus dem 11. Und 12.Jahrhundert zeigt, die zumindest noch relativ gut erhalten bzw. restauriert sind. Keine Bestuhlung darin, dafür viele Teppiche und Kissen auf dem Boden, auf dem alle bunt gewürfelt sitzen und eine schöne Beleuchtung. Bibeln in allen Sprachen sind vorhanden. Danach kleiner Rundgang in die angrenzende Schlucht hinter dem Kloster. Wir starten dann die Duschaktion mit halbwegs warmem Wasser, das man sich aus einem Wasserhahn überschütten kann. Danch werden wir gebeten nochmals umzuziehen, es kommen zum Abend hin viele Leute wegen des Osterfestes und eine ungarische Familie soll unser Zimmer bekommen. Wir willigen gutmütig ein und kommen in ein Zimmer, das eine Etage tiefer direkt an die Felswand gebaut wurde. Der Fels als Zimmerwand ist beeindruckend besonders wenn man darauf Kerzen stellt, was man muß, da fast nie Elektrizität da ist. Außen wie innen hantieren wir in Mar Musa nach Einbruch der Dunkelheit dauernd mit Kerzen und unserer Taschenlampe. Eine Steintreppe führt im Zimmer zu einer kleinen Empore, auf der man schlafen kann. Darunter liegt hinter einer Tür eine Toilette und - schlimmer noch, nahe dabei - irgendeine Sammel-Sicker-Grube. Erst nach und nach bemerken wir, wie schrecklich es riecht. Wir gehen erstmal rüber zur Andacht und Meditation in die Kirche. Viele Leute sind da, leider verstehen wir wenig, da wenig in Englisch übersetzt wird für die vielen Gäste. Pater Paolo steht und sitzt mitten in der Menge, man sieht ihn am Boden sitzend gar nicht. Es ist mühsam, ihm so lange arabisch sprechend zuzuhören. Aus seinem immer wieder kehrenden Husten gewinnt man fast mehr Information als aus seinem Sprechen. Er trägt wie immer seine graue Kutte mit einem Ledergürtel, eine graue abgenutze Jacke darüber, eine schwarze Kappe auf dem Kopf, die nackten Füße in Schlappen. Er ist ein großer stämmiger bärtiger Mann, mit einer kraftvollen Stimme, die dennoch ein bißchen erschöpft wirkt, mit der er aber sehr schön singt. Er wirkt auf den ersten Blick nicht sehr charismatisch, aber wir merken im Laufe der Zeit wie wichtig seine fast permanente Präsenz unter den Menschen dieses Ortes ist. Er spricht alle an (er spricht natürlich Italienisch, Arabisch, Englisch, Französisch und ein bißchen von diesem und jenem), hat alles großzügig im Blick. Mal sieht man ihn in einer großen Schürze am Herd Eier für das Frühstück braten, mal im Gespräch versunken am Boden hocken, mal Gäste durch die Kirche führen, mal Leute ermahnen, den Tisch nach dem Essen auch abzuräumen, mal predigend und segnend. In seiner Kontinuität wird er uns irm Laufe der Zeit immer vertrauter und sympatischer und irgendwie die zentrale Figur dieses besonderen Ortes. Er scheint immer gerade aus einem der Weinberge des Herrn zu kommen, ein bißchen staubig, ein bßchen müde, aber irgendwie konsequent, verläßlich, präsent, mit einem ganz eigenen Selbstverständnis und Charisma. Die Messe dauerte gut 1,5 Stunden. Die Andacht ist “Syrianik” oder so ähnlich, scheinbar nach dem Ritus der ersten frühen Christen. Wir sind etwas frustriert, weil wir so wenig verstanden haben. Danach Abendessen, Suppe und Brot und Tee. Wir gehen in unser Zimmer und richten das Bett und gewöhnen uns nur mäßig an den Geruch. Der Schlaf kommt Gott sei Dank schnell. Mine hält sich die Decke über den Kopf, meint so ginge es am besten mit dem Geruch- Nachts um 3:30 Uhr werden wir geweckt zur Ostermesse. Gerne wären wir gegangen, wußten aber daß wir nicht viel verstehen werden und sind dann liegen geblieben. Um sechs aufgestanden und den frühen Morgen mit ein paar Fotos auf der Terasse begrüßt.

1 Kommentar:

  1. Wir sind aus der Sächsischen Schweiz zurück und haben mit Vergnügen Eure Berichte gelesen!
    Danke!

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