5.4.09
Palmsonntag. Wir fahren mit Pater Eliaa im Taxi in einen Stadtteil mit überwiegend muslimischer Bevölkerung. Hier leben nur 150 griechisch orthodoxe syrische Familien, aber 1500 christliche irakische Familien. Es gibt keinen Kirchenbau in diesem Stadtteil, aber die Kirche bzw. Die Gemeinde hat ein normales Wohnhaus angemietet und umgestaltet. Wir finden an diesem Morgen nur schwer ein freies Taxi und kommen mit unserem Abuna Eliaa (Abuna = Pater) ein bißchen verspätet in dem Ortsteil an. Er hielt mit uns vor der Tür eines unscheinbaren Wohnhauses kurz inne, sammelte unseren Blick und öffnete dann die Tür weit, “Seht Euch das an”, sagt er nicht ohne Stolz. Den ersten Blick in den kleinen Vorraum und den dahinter liegenden Hauptraum werden wir nicht vergessen. Die Menschen und der Chor sangen schon und alles war dicht gedrängt und voller Menschen, die saßen und an den Wänden entlang standen. Die Kronleuchter an den Decken und die Lampen an den Wänden leuchteten, alles war hell, die Luft schwer vom Weihrauch. Mühsam schlängelten wir uns zwischen den Menschen in den Hauptraum. Jemand brachte noch zwei Stühle für uns, die vor die erste Bank gestellt wurden, kaum hatte der Pater noch Platz zwischen Altar und Gemeinde. Die Menschen begrüßten uns freundlich mit Blicken. Der Gottesdienst dauerte 1,5 Stunden inclusive eines langen Abendmahls, viel inbrünstiger kräftiger Gesang, mehrere Soli von Gemeindemitgliedern. Das Verteilen der gesegneten Olivenzweige und kleiner Kerzen ähnelt einem Tumult, alle wollen etwas abbekommen, unser Pater duldet alles mit Nachsicht und Herzlichkeit. Wir wurden persönlich in der Messe als Gäste vorgestellt. Es sind wie immer mehr Frauen als Männer und mehr mittelalte als junge Menschen gekommen. Alles endet in einem mehrfachen Zug durch die Kirche unter Gesang, in den sich Zilgit (ein wildes, unvermittelt eingeworfenes, überschwengliches Trällern mit der Zunge unter Produktion eines unverwechselbaren Lautgebildes.. Die Türken kennen das auch und sprechen von “Zilgit atma”, was so viel heißt wie dieses Zilgit zu “schmeißen”, was die Sache akustisch irgendwie trifft, etwas ist gelungen oder erreicht und man freut sich darüber ausgesprochen.Das machen eigentlich nur Frauen. Die Syrer finden das irgenwie ein bißchen primitiv, es kommt aus der arabischen Tradition, aber unser guter Eliaas läßt alle gewähren. Selten sind wir an einem Vormittag so viel geküsst und gedrückt worden. Sehr herzlich ist unsere eigentlich unwirksame Gegenwart begrüßt und verabschiedet worden. Syrien mit seinen ca. 17 bis 18 Millionen Einwohnern hat im Verlauf weniger Jahre 3 Millionen flüchtende Iraker aufgenommen, die viel Probleme ins Land brachten, aber erstmal einfach kommen konnten. Beglückt sind wir mit unserem Pater dann in seine eigentliche Gemeinde und Kirche in der Altstadt von Damaskus gefahren. Hier schuckte uns ein wüster Osterumzug, mit lauter Musik und sehr vielen herausgeputzten Menschen. Unter den Trommelwirbeln rebellierte Mines Tinnitus und wir mußten einen ruhigeren Ort suchen. Kamen in einem Café langsam zu uns. Wieder gestritten. Wieder beruhigt. Nach dem Ende des Umzuges erneutes Treffen mit unserem Pater. Trinken gemeinsam Kaffee in seinem Büro. Ein anderer Pater aus der maronitischen Nachbargemeinde kommt zu Besuch und wir bekommen mit ihm die wunderschöne griechisch orthodoxe Kirche in der Altstadt gezeigt. Unser Pater ist inzwischen etwas schwermütig geworden, hat uns von seinen Problemen mit der Obrigkeit erzählt. Wie gehen danach hungrig in den Speisesaal der Kirche, der überaus prachtvoll und schön ist, große Schränke und üppige Sitzgarnituren aus Intarsienarbeiten. Hier hat schon Papst Johannes Paul der II bei seinem Besuch in Syrien gegessen und auch der Staatspräsident Bashar al-Asad. Es gibt Fisch, Pommes, Humus, Tabule (Salat mit ganz viel Petersilie und auch Tomaten und Bulgur), Oliven und Obst, dazu Knabberzeug und sehr leckeren trockenen Wein aus dem Orontestal. Danach gehen Mine und ich alleine los und bummeln durch die Altstadt, trinken Tee und schreiben ein bißchen an unserem Blog. Fahren dann erstmals alleine mit dem Taxi zu unserer Gastfamilie Faddoul nach Duelaa, Mafrak Abu Ataf. Pater Eliaa hat uns einen Zettel mit der Adresse in Arabisch geschrieben, den wir immer vorzeigen. Kommen stolz an. In diesem Stadtteil von Damaskus hat der Tourismus noch keinen Fuß in der Tür, entlang einer belebten, verkehrsreichen, aber engen Straße mit vielen kleinen Geschäften gibt es zahllose Seitengassen. Hier stehen die Häuser dicht an dicht nebeneinander, aneinander, hintereinander, sodaß Sonnenlicht selbst in diesem warmen Land ein rares Gut ist und es ein Fenster mit Aussicht gar nicht gibt. Wir verbringen den Abend mit den heißgeliebten türkischen Fernsehserien, die arabisch synchronisiert sind und die uns in den kommenden Tagen ein täglicher Begleiter werden. Die Verständigung ohne Pater Eliaas mit der Familie ist schwer. Hilfreich ist, daß alle den Umgang mit dem taubstummen Bruder des Vaters von Pater Eliaas gewohnt sind und in Gebärden sprechen können. Heute wurde zu unserer Freude der Badeofen angeworfen und es gab eine heiße Dusche.
Donnerstag, 16. April 2009
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