Heute schon beim Aufwachen Sonnenschein über den verschneiten Bergen und dem Dorf. Wunderbarer Ausblick. Endlich ist es etwas wärmer. Man atmet richtig auf hinter seinem Ofen. Wir waschen die Gardinen in der oberen Etage und machen dort ein bißchen sauber nach dem langen Winter, in dem Mines Mutter immer in die untere Etage zieht. Bestaunen das ausgiebige Werk der Motten an den schönen handgeknüpften und strohgefüllten Sitzkissen. Schade. Das Glück ist fast perfekt an diesem Morgen, da der Mann kommt, der die Solaranlage auf dem Dach reparieren soll und kann, so daß wir wieder warmes Wasser haben.
Wollen die Sonne nutzen und gehen auf einen kleinen Spaziergang über den Fluß, durch die Gärten, auf den Rundweg im Südosten oberhalb des Dorfes. Treffen in einem der Gärten zufällig auf Fatma und Hüseyin, die Mine und ihre Mutter schon lange kennen und die 20 Jahre in Berlin gelebt haben. Sie haben ein mongoloides “Kind” von ca. 20 Jahren. Sie freuen sich sehr über das Wiedersehen und machen Kaffee. Wir sitzen auf der Terasse noch in Pullover und Jacke und genießen die wunderbare Wärme. Mine unterhält sich angeregt und ich kraule den Hund und spiele mit dem “Kind” Lego. Die Wärme auf der Brust ist Balsam für meinen Husten. Die Kirschen und die Wallnußbäume im Garten blühen noch nicht. Nach der Pause verabschieden wir uns und gehen weiter.
Treffen auf eine andere Frau in ihrem Garten. Sie sammelt Kräuter, steht da mit ihrem Küchenmesser in der Hand, mit dem sie die Funde aussticht und Mine bittet sie, uns zu zeigen, was sie sammelt. Im Nu ist auch für uns ein Salat zusammengestellt aus Citlik, Gömec, Kus cerezi (haben keine Worte in Deutsch dafür, alles Unkraut für mich). Natürlich ist Mine auch mit dieser Frau verwandt. Fast alle sind im Dorf miteinander verwandt und das ist sehr wahrscheinlich nicht übertrieben. Mine schätzt, daß von den Eheschließungen der Dorfleute immer noch ca. 90% Verwandtschaftsehen sind, oft auf der Ebene von Cousin und Cousine. Das war immer so und ist auch so geblieben.
Wir sehen auf unserem Weg auch das Staudammprojekt des Dorfes hoch in den Bergen auf der anderen Seite des Dorfes. Die Mauer scheint aus der Entfernung, verglichen mit der Größe der dort arbeitenden LKWs, bestimmt 20m hoch, es wird einem ganz bange, wenn man bedenkt, daß der Damm brechen könnte. Die Dorfleute wollten unbedingt mehr Wasser dort oben für ihre Gärten. Man fragt sich, ob es Sinn macht, Kirschen in einer Höhe von 2000m anzupflanzen und überhaupt so weit oben Gärten anzulegen. Aber alle versuchen ihr Glück mit dem Anbau von Kirschen, wofür das Dorf berühmt wurde. Schon lange verfallen aber die Preise für die ehemals lukrativen Kirschen und man versucht es jetzt mehr und mehr mit dem Anbau von Wallnüssen, weil die mehr Geld bringen. Man will gar nicht an die schönen Mischgärten mit ihren vielfältigen Obstbäumen denken, die den Glückssuchern mit ihren Kirschbäumen (und natürlich den Hausbauern) zum Opfer fielen. Also, der Dorfvorsteher mußte scheinbar dem Druck der Leute folgen, so wird also weit oben in den Bergen jetzt das Schmelzwasser aufgefangen. Mines Mutter hat ein großes Stück Land gespendet für das gemeinnützige Projekt. Die anderen Besitzern des Landes, das man für das Projekt brauchte, hat man kurzerhand auch zu Spendern gemacht, unabhängig von ihrer Zustimmung.
Weiter unten sammeln Leute Morcheln, die nach den feuchten Tagen und der folgenden Sonne rauskommen. Auch sie zeigen uns auf Nachfrage ihre Funde und geben uns großzügig eine Handvoll ab, die wir später braten.
Wir sehen andere, die Säcke voll Misteln sammeln, die man hier an die Ziegen verfüttert, da sie das ganz gerne mögen.
Auf dem Weg durchs Dorf reift dann der Gedanke, daß man die Sonne mit einem ersten Eis feiern muß. Wir setzen uns vor dem Internetcafe in die Sonne und essen ein Magnum Mandel. Köstlich. Das Mädchen Aysegül, die schon morgens bei Mines Mutter zu Besuch war, treffen wir erneut und sie kriegt auch ein Eis. Machen ein Foto eisessend in der Sonne. Danach geben wir wieder den Blog im Internetcafe auf und trinken scharfen Salgam dazu. Gehen nach Hause und machen Cigköfte und Salat. Ruhiger Abend.
Freitag, 24. April 2009
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